Jeder Hersteller von Fahrzeugen möchte, sofern sie Betriebstauglich sein sollen, seine Produkte so ausführen, dass seine Fahrzeuge sauber auf den verschiedenen Gleissystemen laufen. Gleichzeitig möchte natürlich ein Hersteller von Gleissystemen umgekehrt seine Produkte auch so ausführen, dass die Fahrzeuge verschiedener Hersteller problemlos zur vollen Zufriedenheit seiner Kundschaft über Gleise und Weichen fahren.

Nun gibt es im Spur 1-Bereich aber verschiedene Bezeichnungen für Rad-Schiene-Systeme, wie NEM, Finescale, Pur oder auch Scale. Wir möchten hier die verschiedenen Systeme kurz vorstellen und auch die Maße bezüglich der Rad-Schiene-Systeme, die unseren Konstruktionen zugrunde liegen, darlegen.

NEM

Breite Anwendung im deutschen Spur 1-Bereich findet die NEM 340, Ausgabe 2008. Sie spiegelt das von Märklin angewendete Rad-Schiene-System wieder. Da alle Hersteller ihre Fahrzeuge kompatibel zum Marktführer anbieten, wird faktisch mit der Bezeichnung „NEM“ die aktuelle NEM 340 gemeint (statt der eigentlich richtigen NEM 110 und 310) und damit eine Werksnorm der Fa. Märklin. Diese Werksnorm wurde allerdings vor dem Hintergrund entwickelt, dass die Fahrzeuge auch als Gartenbahn eingesetzt werden können. Dementsprechend muss eine ungleichmäßigere Gleislage bewältigt werden können, als es im Allgemeinen bei Heimanlagen notwendig wäre. In der Folge mussten relativ große Spurkränze dimensioniert werden.

Finescale

Eine echte Normung für Finescale-Radsätze und -Weichen gibt es nicht! Was heute unter dem Begriff „Finescale“ verstanden wird, ist im Prinzip ein Werksstandard der früheren Fa. Hübner. Im Vergleich zu Radsätzen nach NEM 340 erzielte die Fa. Hübner so eine deutlich verbesserte Optik und leitete auf diese Weise eine größere Verbreitung ein. Verschiedene, bereits früher angewendete Hausnormen, z. B. von Pein und M+L sind tatsächlich kein „echtes“ Finescale, hier findet man abweichende Maße zu der von Hübner angewendeten Hausnorm.

Finescale ermöglicht ein schmaleres Rad und geringere Spurkranzhöhen. Dies hat zur Folge, dass der Laufkreisdurchmesser vieler Fahrzeuge in Finescale auch dort maßstäblich ausgeführt werden kann, wo er infolge der bei Anwendung der NEM 340 üblichen größeren Spurkranzhöhe sonst reduziert werden müsste. Das Erscheinungsbild von Fahrzeugen mit Finescale-Radsätzen ist so deutlich vorbildgerechter. Hübner bot zunächst seine Fahrzeuge ausschließlich in „NEM-Ausführung“ an (gemeint ist damit die heutige NEM 340) und später zusätzlich die Triebfahrzeuge auch mit Finescale-Radsätzen. Für die Wagen waren Tauschradsätze zur Umrüstung im Programm.

Fahrzeuge mit Finescale-Radsätzen laufen anstandslos auf herkömmlichen Gleisen, allerdings erfordern sie eine angepasste Ausführung von Herzstück und Radlenkermaßen, damit die feineren Radsatzabmessungen ordnungsgemäß und sauber durch die Herzstücklücke geführt werden können. Die Gleisverlegung sollte sorgfältig erfolgen (was ja meistens ohnehin der Fall ist). Zum Beispiel müssen die Rampen für die Überhöhungen in den Kurven für Fahrzeuge mit fest im Rahmen gelagerten Radsätzen aufgrund der geringeren Spurkranzhöhe länger als für NEM gewählt werden. Das hört sich schlimmer an, als es ist: Es gibt mittlerweile sogar Spur 1-Gartenbahnen in Finescale!

Die von Hübner angebotenen Weichen mit dem Abzweigradius von 2321mm konnten mit Aufsätzen auf den Radlenkern umgerüstet werden (sog. „Hütchen“), um die schmaleren Radsätze auch im Herzstückbereich zu führen. Diese Umrüstung ist betriebssicher, hat jedoch den Nachteil, dass der Radsatz beim Überfahren tief in die Herzstücklücke sinkt. Diese Umrüstung der Weichen ermöglichte jedoch dem Finescale-System eine gewisse Verbreitung.

Mittlerweile bieten viele Fahrzeughersteller, nicht nur im Kleinserienbereich, ihre Fahrzeuge alternativ mit Finescale-Radsätzen an, indem sie die Eckdaten der Hübner-Finescale-Maße übernommen haben. Am Markt sind inzwischen exzellente Austauschradsätze für Wagen verfügbar.

Pur und Scale

Die Begriffe Pur oder Scale haben die gleiche Bedeutung. Unter ihnen versteht man die konsequente Verkleinerung der Vorbildgeometrie auf den Maßstab 1:32, sowohl im Radsatzbereich als auch im Gleisbereich. Vorbildgerechter geht es nicht. Allerdings ist hier eine besonders sorgfältige Gleisverlegung erforderlich und das Angebot an Fahrzeugen in dieser Ausführung relativ klein. Hier ist daher in der Regel eine Umarbeitung der Radsätze notwendig.

Radsatzmaße

Das Problem, welches der „Finescale-Norm“ anhaftet, ist, dass die Hausnorm von Hübner nie veröffentlicht wurde und Hübner sogar diese Norm intern mal überarbeitet hat. Das hat zur Folge, dass einige ältere Hübner-Finescale-Radsätze z.B. größere Spurkränze aufweisen, als es heute üblich ist.

In der nachfolgenden Tabelle stellen wir die Radsatzmaße dar, für die unser Gleissystem ausgelegt wurde:

 

 Maße an Radsätzen

Abbildung 1: Radsätze und Spurführungs-Maße

Zeichen
Spurweite
G
B
N
T
D
P
 
Nennwert
Min
Max
Min
Max
Min
Max
Min
Max
Min
Max
 
Finescale
45
42,7
42,85
41,4
41,7
4,6
5,2
1,2
1,4
1,2
1,4
 
Pur / Scale
45
43,5
42,5
42,65
4,4
1,0
0,8
1,15
 
EBO
01.09.1957
Anlage H 1:32
44,8
(43,4)
(43,5)
42,4
42,6
4,06
4,7
0,62
(1,08)
0,78
1,12
0,31

Alle Maße in mm

Die Spurkranzbreite T wird am Ende der Ausrundung zwischen Lauffläche und Spurkranz gemessen. Maßgeblich für den Ansatz dafür ist das Maß P, welches sich aus der Spurkranzausrundung und der Geometrie der Schrägen Flächen am Rad ergibt. Siehe dazu die NEM 311 „Radreifenprofile“.

Zum Vergleich mit dem Vorbild sind die in der Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928, gültig vom 1. September 1957, in Anlage H vorgeschriebenen Maße für Räder wiedergegeben. In Klammer gesetzte Maße sind nicht in der EBO definiert und wurden aus den dortigen Angaben errechnet. Bei der Interpretation ist zu beachten, dass die EBO Maße definiert, die sowohl im Neu- als auch im abgenutzten Zustand eingehalten werden müssen. Im Neuzustand sind daher bevorzugt die Größtmaße anzuwenden.